Über uns

Was gibt es über meine unsichtbare Begleiterin und mich zu schreiben? Vermutlich einiges… Mein Name ist Kerstin Blumenstein. Ich bin Baujahr 1980. Ende 2017 wurde meine unsichtbare Begleiterin medizinisch erkannt. Im Jahr davor hatte ich erste bewusste Probleme im Darmbereich. Meine Hausärztin hatte mich zu diesem Zeitpunkt bereits zu einer Darmspiegelung überwiesen. Der behandelnde Internist hatte jedoch nach Blut- und Stuhlproben und Laktose-Test auf Reizdarm diagnostiziert (ohne Darmspiegelung). Zu diesem Zeitpunkt habe ich mich nicht wirklich verstanden gefühlt. Die einzige Lösung für mein Problem sollte die FOD-MAP Diät sein?

Kerstin Blumenstein
Ich im August 2021 | Copyright: Jacqueline Godany, FFG

Ausprobiert habe ich es, allerdings ohne wirklichen Erfolg. Doch einen gab es, mein Gewicht wurde weniger. Ein Jahr später hatte ich jeden Tag Durchfall mit Schmerzen und irgendwann konnte ich auch vor mir selbst das Blut im Stuhl nicht mehr verleugnen – trotz FOD-MAP Diät. Nun hatte meine Hausärztin bereits den Verdacht auf Colitis Ulcerosa. Sie überwies mich wieder zu einer Darmspiegelung und wir beschlossen, es im Universitätsklinikum St. Pölten zu probieren. Gleichzeitig verschrieb sie mir ein Medikament, was recht rasch half und ich meinte dann „Dann brauch ich ja keine Darmspiegelung mehr.“ Ihre Antwort darauf: „Nein, das erhärtet den Verdacht.“ Ok, also Darmspiegelung so schnell wie möglich.

Traditionell heißt es im Klinikum aber 6 Monate Wartezeit. Normaler Weise bin ich jemand, die sich solchen Sachen fügt. In diesem Fall beschloss ich aber nicht anzurufen, sondern direkt zur Anmeldung zu gehen und siehe da: Eine Woche später war noch ein Termin frei, weil jemand anderer abgesprungen war. Der war dann also meiner.

Diagnose & Verlauf

Der Dezember 2017 bzw. dann der Januar 2018 veränderte also mein Leben mit der Diagnose meiner unsichtbaren Begleiterin mit Namen Colitis Ulcerosa. Eine chronische Dickdarmentzündung, die als nicht heilbar bezeichnet wird. „Es sei denn, man nimmt den Dickdarm raus.“ So ähnlich hatte es der Herr Doktor im Klinikum auf den Lippen als er mir die Diagnose mitteilte, die über Biopsien bestätigt wurde. 3 Monate später sollte eine erneute Darmspiegelung gemacht werden, um auch wirklich sicher zu gehen, dass ich von nun an meine unsichtbare Begleiterin auch wirklich dabei habe.

Meine erste Einstiegsdroge war Pentasa (Mesalazin). Es war glücklicher Weise noch eine leichte CU. Immer im Urlaub wurde es ein wenig schlechter, aber alles soweit noch im Griff. 2020 war dann das Jahr, in dem meine unsichtbare Begleiterin meinte, jetzt ist Schluss mit den leichten Drogen. Pentasa reichte ihr nicht mehr, und das obwohl (oder eventuell auch weil) wir es im Sommer anfingen zu reduzieren – ich war ja gut 2 Jahre stabil darunter.

Ich würd sagen, das war dann der derzeitige Anfang vom Ende. Ende vielleicht etwas übertrieben, aber seit dem bin ich zwischen systemischen Kortision (Cortiment – das lokale Kortison zeigte keine Wirkung oder ich war zu ungeduldig) und dem nun dritten Biologika (2020 Humira, 2021 Entyvio und nun 2022 Stelara) unterwegs. Die letzte Enddarmspiegelung zeigte mittlerweile eine mittelschwere bis schwere Pancolitis. 1 1/2 Jahre zuvor war es noch nur eine mittelschwere linksseitige Colitis.

2021 wurde dann auch noch zusätzlich Bluthochdruck und Osteoporose beider wahrscheinlich als Folge der Kortisongabe diagnostiziert. Für beides nehme ich Medikamente – Valsacor für den Blutdruck und Movymia (eine täglich Spritze – ja, man kann sich ans spritzen gewöhnen, sogar ich), um den Knochenaufbau zu fördern. Zusätzlich unterstütze ich mit Vitamin D3, K2 und Magnesium. Mein Vitamin D3-Spiegel war nicht auf dem Level, wo er sein sollte.

Berufliches

Soviel zu meiner unsichtbaren Begleiterin und deren Folgen. Aber es gibt mich ja auch abgesehen von ihr. Ich habe nach dem Abitur 1998 Mediengestalterin Bild und Ton gelernt und anschließend in diesem Beruf erstmal gearbeitet. 2007 hat es meinen Mann und mich dann nach Österreich gezogen und ich habe gleichzeitig ein Studium angefangen – Medientechnik an der Fachhochschule St. Pölten. Und hier bin ich dann gestrandet. Nach dem Bachelorstudium schloss ich den Master Digitale Medientechnologien an.

Während des Studiums arbeitete ich als Studentische Assistentin an der FH und begann als Junior Researcher im Institut für Creative\Media/Technologies. 2014 begann ich mein Doktoratsstudium an der TU Wien im Bereich Informatik. Das Studium konnte ich Ende 2020 – also mitten im zweiten größeren Schub (3 Wochen nach dem Rigorosum stand eine erneute Darmspiegelung an) – abschließen. Gleichzeitig bewarb ich mich für die vakante Stelle der Studiengangsleitung für den Bachelor Medientechnik (das Studium, was ich einst selbst studiert hatte). Manch einer wird sich fragen, warum tut sie sich das mit solch einer Krankheit an? Ganz einfache Antwort: Dieser Job ist der richtige für mich und ich wollte und will auch immer noch nicht mir meine Träume von meiner unsichtbaren Begleiterin begraben lassen. Ich bekam die Stelle, bin also nun Studiengangsleiterin, arbeite aktuell Vollzeit. So viel zum Berufsleben.

Und im Privaten

Im Privatleben begleitet mich mein Mann Christian und seit 2021 meine sichtbare Begleiterin Stella – eine Australien Shepherd Hündin. Man sagt ja, dass man den Hund bekommt, den man braucht – und das ist bei ihr auch wieder deutlich zu spüren. Unser erster Hund Moskito begleitete mich meine gesamte Dissertationszeit. Ich dachte, dass er mir bereits Ruhe und Gelassenheit gelehrt hat. Nein, im Nachhinein hat er mir Stärke und Vollendung gelehrt. Er hat nach einer Krebserkrankung im September 2020 bis zu dem Tag durchgehalten, als ich die Gehaltserhöhung aufgrund meiner abgeschlossenen Dissertation bekommen habe im Januar 2021.

Stella hat jetzt den Job übernommen, die Ruhe, Gelassenheit und Führung zu lehren (vielleicht). Wie komm ich darauf? Sie war in meiner Nähe immer sehr unruhig – hat mit mir Kämpfe ausgetragen (hochspringen, Leine und Hand/Arm beißen). Zunächst dachte ich, es liegt an mir – meine Unsicherheit nicht fit genug zu sein für sie, brachte mich immer wieder ins Grübeln. Seit dem sie bei uns ist, ging es ja nur auf und ab bei mir. Mittlerweile weiß ich, es liegt nicht an mir. Sie ist unsicher, ich muss ihr den Schutz geben und vor allem muss sie mir die Führung auch abnehmen. Das geht nur mit Souveranität, Ruhe und Gelassenheit. Es hat nichts mit meiner Krankheit zu tun.

Stella und ich
Stella (mit der langen Zunge) und ich (links) im Mai 2022 | Copyright: Christian Blumenstein

Diese Seite werde ich immer wieder updaten, wenn sich nennenswertes bei mir oder auch meiner unsichtbaren Begleiterin ändert.