Abbrechen

Abbrechen – und ich bin stolz darauf

Kerstin BlumensteinAllgemein 4 Comments

Das Abbrechen von etwas, wenn es für mich und meine Gesundheit nicht zuträglich ist, stand bisher nicht auf meiner Todo-List. Dazu gehörte auch Sachen auszusprechen, die nicht ok für mich sind – also wenn jemand meine Grenzen überschritt. In der Regel habe ich mich zurück gezogen, nach dem Motto, den Konflikt brauchst Du nicht austragen, das geht rasch vorbei.

Zusätzlich dazu habe ich viele Sachen auch garnicht aus dem Blickwinkel betrachtet. Ziel ist ja immer, etwas erfolgreich zum Ende zu bringen oder eben auch das zu machen, was einem Spaß macht. Auch wenn man nicht mitbekommt, dass es dem Körper eigentlich so garnicht gut tut.

Was ist nun passiert, dass es zum diesem Beitrag kommt?

Die Psychotherapie 😉 und die größere Achtsamkeit gegenüber mir und meiner Gesundheit wär die treffende Antwort. Mein Problem des Zurückziehens und des Durchziehen-Wollens (weil es gibt ja immer gute Argumente, warum es wichtig ist) hat zur Folge, dass ich vieles mit mir selbst ausmache und damit den Frust und die Wut in mich reinfresse. Und das kann wie so vieles meinen Darm wunderbar beeinflussen.

Abbruch Nummer 1

Als ersten großen Abbruch steht meine aktuelle Position im Job hier: Seit 1. Februar bin ich keine Studiengangsleiterin mehr. Ich habe die Entscheidung zum Ende des letzten Jahres getroffen, weil ich gemerkt habe, dass ein Wiedereinstieg (wenn er denn dann irgendwann wieder möglich ist) in diese Position mittelfristig nicht funktionieren wird.

Jetzt könnte man sich fragen, warum macht sie das im Krankenstand? Weil es für beide Seiten wichtig war. Für mich, um aus dem Hinterkopf die Verantwortung eines Studienganges „los zu werden“ und für die zu diesem Zeitpunkt interimistische Studiengangsleitung, um voll arbeiten zu können – weil Entscheidungen hinsichtlich Weiterentwicklung können in solch einer Konstellation schwer getroffen werden, sind aber immens wichtig für den Studiengang. An dieser Stelle ein Danke an Franz und Rosa, die mich als Vorgesetzte wahnsinnig gut unterstützen. Ich habe zu keinem Zeitpunkt Druck bekommen – und diese Abbrechen-Entscheidung ist komplett von mir ausgegangen. Und ich bin stolz darauf!

Abbruch Nummer 2

Der zweite für mich große Abbruch kam dann doch eher unvorbereitet. Anfang Februar konnte ich eine ambulante psychiatrische Reha beginnen – auf die ich mich auch gefreut hatte, weil wenn alles gut gegangen wäre, dann hätte endlich Stelara seine Wirkung gezeigt und ich hätte danach langsam an den Wiedereinstieg denken können. Leider hatte sich kurz vor Start – während der Reduktion des Kortisons – eine deutliche Verschlechterung gezeigt. Eine leichte Kortison-Erhöhung hatte nichts gebracht. Aber ich wollte es zumindest probieren.

Schon der erste volle Reha-Tag war dann jedoch der zugleich schlechteste in der Zeit mit meiner unsichtbaren Begleiterin der Colitis Ulcerosa in Sachen Stuhlfrequenz und Blut im Stuhl. Es war ein Freitag – also hatte ich das Wochenende zur Erholung. Das hat allerdings nicht gereicht. Und nach einem Gespräch mit meiner Mutter am Sonntag nachmittag, in denen ich die Worte durchziehen und durchhalten erwähnte, erinnerte ich mich an meine Psychotherapeutin. Der war rasch aufgefallen, dass diese Worte immer wieder vorkommen bei mir. Also traf ich die nächste Abbrechen-Entscheidung, um endlich mal aus diesem Teufelskreis herauszukommen. Und ich bin stolz darauf!

Ich nehme allerdings auch sehr wichtige Sachen aus dem Reha-Abbruch mit: Für mich gibt es in Zukunft nur mehr eine stationäre Reha und auch nur in Bad Aussee. Es gab nämlich zusätzlich zur Verschlechterung der Colitis auch ein Problem mit dem Essen. Zur Auswahl standen zwei Hauptgerichte und beide hatten wenig mit Darm-schonender Ernährung zu tun. Die Reaktion des Reha-Teams war: Muss ich mich halt selbst kümmern. Ich hätte also auch meinen kompletten Ernährungsrhythmus umstellen müssen, was aus Colitis-Sicht eine kleine Katastrophe für mich war und natürlich im Kopf auch gearbeitet hat.

Falls ich es noch nicht erwähnt habe: Ich bin stolz auf mich und diese Entscheidungen. Ok, bei der Studiengangsleitung hatte ich auch ein kleines weinendes Auge, vor allem als es dann öffentlich gemacht wurde. Aber gleichzeitig freue ich mich schon auf den Wiedereinstieg irgendwann, dass ich so die Chance habe meine zukünftige Arbeit selbst zu gestalten.

Comments 4

  1. Kerstin, danke für deinen Blogartikel und alles, was du uns sagst. Da lese ich viel an Hinhören, Hineinhören und Achtsamkeit dir selbst gegenüber heraus. Und mehr noch: davon ausgehend neue Entscheidungen treffen. Gratuliere dir!

    1. Danke für Deine Worte. So langsam wird es es mit dem auf sich selbst hören. Es hat eine Weile gedauert (und ich lerne immer noch) mich zu verstehen.

  2. Liebe Kerstin, gratuliere zu Deiner Entscheidung und danke für Deine Offenheit und Deinen Mut dazu. Es braucht mehr Menschen wie Dich. Und ja, auf sich selbst, auf die Signale des eigenen Körpers, oder woher sie sonst kommen mögen (können ja Eingebungen sein oder wiederholt blöde situationen, in die wir uns begeben), ist ein mühsamer, oft schmerzlicher – nämlich für das Ego – Prozess. Habe es selber mit einem Jahr Burnout erfahren. Ich wünsche Dir alles Liebe und gut Heilung!

    1. Lieber Peter, einfach nur danke für Deinen Kommentar. Und danke auch noch für Deine Dankesworte von der Sponsion!

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