Stuhltransplantation

Die Stuhltransplantation

Kerstin BlumensteinAllgemein Leave a Comment

Am Freitag wird es soweit sein: Ich bekomme meine erste Stuhltransplantation. Dazu werde ich das Krankenhaus wechseln und nach Graz umsiedeln. 

In Fachkreisen wird die Stuhltransplantation auch Fäkaler Mikrobiomtransfer kurz FMT bezeichnet. Nicht zu verwechseln mit dem altbekannten FMT = Forum Medientechnik an der Fachhochschule St. Pölten 😉 (ok, ein alter FHSTP-Insider).

Was erwartet mich

Also erstmal, auch wenn es Transplantation heißt, es ist keine Operation. Es wird nicht, wie bei einer Organtransplantation, ein Organ herausgenommen und durch ein gesundes ersetzt. Ganz salop ausgedrückt, ich bekomme Scheiße äh Stuhl oder noch vornehmer ausgedrückt: das fäkale Mikrobiom von einem gesunden Menschen in den Darm gespritzt. Dafür wird der Stuhl verflüssigt mit einer Natriumchlorid-Lösung (Kochsalz-Lösung) und zwar in einem normalen Küchenmixer 🙈. Kann man also auch zu Hause vorbereiten… Ok, besser nicht.

Um dabei zu bleiben, was mich erwartet… Ich werde vorbereitet, wie bei einer normalen Darmspiegelung – also Darmentleerung mit wahnsinnig gutschmeckenden Drinks. Dann erfolgt im Endeffekt auch eine normale Darmspiegelung, nur dass nicht der Darm angeschaut wird, sondern man wird bis zum terminalen Ileum (Ende des Dünndarms) vordringen und dann durch den Arbeitskanal den Stuhllösung einspritzen.

Was soll das bringen

Die Stuhltransplantation hatte ich schon vor einiger Zeit als Option in der Therapie meiner unsichtbaren Begleiterin, der Colitis Ulcerosa, erwähnt. Für Colitis Ulcerosa ist der FMT allerdings noch keine vollständig erforschte und damit anerkannte Therapie. Nun haben sich aber durch die Clostridien-Infektion, die auch nach dem zweiten Antibiotikum nicht im Griff scheint, die Vorzeichen geändert. Für Clostridien ist der FMT nämlich eine anerkannte Therapiemöglichkeit, besonders bei hartnäckigen „Clostis“.

Generell geht man davon aus, dass die Darmflora, auch mittlerweile bekannt als das Mikrobiom im Darm (über das man eh noch viel zu wenig weiß), durch die Clostridien und bei mir die zuvor verabreichten Antibiotika – wie drück ich das jetzt nett aus – sagen wir mal, nicht mehr soooo toll ist in Sachen Mikroorganismenvielfalt. So konnten die „Clostis“ Überhand nehmen. Im Endeffekt hat sich das auch bereits bei der zweiten Infektion mit „Blasti“ im März gezeigt.

Mikrobiom im Ungleichgewicht

Das Darmmikrobiom ist die Gesamtheit aller Mikroorganismen (z.B. Viren, Parasiten, Bakterien), die den Darm des Menschen besiedeln. Den größten Teil machen Bakterien aus, die wir z.B. für die Herstellung von Vitaminen oder die Verdrängung von Krankheitserregern benötigen.

Aus dem Gleichgewicht kann das Darmmikrobiom z.B. durch Medikamente, Infektionen oder auch Ernährungsumstellungen geraten. Einen starken Einfluss haben hier Antibiotika. Forscher*innen (Deutsches Zentrum für Infektionsforschung e.V., 2023) zeigten an Mäusen, dass sich das Mikrobiom bei wiederholter Antibiotikatherapie an die Behandlung anpasst und ihr so besser standhalten kann. Antibiotika-resistente Kommensalbakterien vermehren sich. Das sind die Bakterien, die normalerweise in unserem Darm in Frieden mit uns zusammen leben, so lange die Mikrorgansimus-Vielfalt im Gleichgewicht ist. Wir brauchen sie also und sie brauchen uns. Andere Bakterien wiederum werden in ihrem Wachstum verlangsamt. Man muss kein*e Expert*in sein, um schlussfolgern zu können, dass dadurch das Gleichgewicht im Darmmikrobiom dahin ist.

In meinem Fall so gestört, dass wir in den letzten Monaten gesehen haben, dass es nicht von allein oder mit Probiotika-Hilfe wieder ins Gleichgewicht kommt.

FMT für das Gleichgewicht

Und hier kommt nun der FMT ins Spiel. Der fremde Stuhl mit gesundem Mikrobiom soll diese Aufgabe übernehmen und, wenn er sich dann ausgebreitet hat im Darm, für Gleichgewicht unter den Mikroorganismen sorgen. m

FMT vereinfacht dargestellt
So könnte sehr vereinfacht die Stuhltransplantation im Darm Einfluss auf mein Mikrobiom nehmen: Links davor, Mitte während und Rechts danach

Der Stuhltransplantation wird nachgesagt gegen einige Erkrankungen helfen zu können (Krankenhaus.de, o.J.):

  • Chronische Darmerkrankungen und Darmentzündungen
  • Reizdarmsyndrom
  • Glutenunverträglichkeit
  • Chronische Verstopfung
  • Multiple Sklerose
  • Chronisches Erschöpfungssyndrom
  • Übergewicht
  • Diabetes Typ II

Ist eine sehr schöne Liste an Krankheiten und damit Erkrankten, bei denen sich sicher einige eine Verbesserung ihres Krankheitsbildes wünschen würden. Aber wie schon geschrieben, anerkannt ist der FMT bisher nur bei hartnäckigen Clostridien-Infektionen. Für Colitis Ulcerosa wird bspw. an der medizinischen Universität Graz seit Jahren geforscht. Und eben weil in Graz sehr viel Erfahrung in Sachen FMT existiert und bereits eine Stuhlbank (= Blutbank für Stuhlspenden) aufgebaut wurde, führt mich mein Weg für den FMT an das Universitätsklinikum Graz.

Ich bin gespannt, welchen Einfluss der FMT bei mir haben wird. Es ist in jedem Fall einen Versuch wert.

Ach und: Heute schon Stuhl gespendet? 😉

Quellen:
Deutsches Zentrum für Infektionsforschung e.V. (2023). Wie das Darmmikrobiom auf Antibiotika reagiert. Abgerufen am 21.06.2023 unter https://www.dzif.de/de/wie-das-darmmikrobiom-auf-antibiotika-reagiert.
Deutsches Zentrum für Infektionsforschung e.V. (o.J.). Mikrobiom. Abgerufen am 21.06.2023 unter https://www.dzif.de/de/glossar/mikrobiom.
Krankenhaus.de (o.J.). Stuhltransplantation – Ablauf und geeignete Kliniken. Abgerufen am 21.06.2023 unter https://www.krankenhaus.de/behandlungen/stuhltransplantation-ablauf-und-geeignete-kliniken/.

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